Das Blutbankett alias die Ermordung Wallensteins Getreuer auf der Egerer Burg
Der gewaltsame Tod des mächtigen Friedlander Herzogs und berühmten Feldherren des Dreißigjährigen Krieges Albrechts von Wallenstein blieb im Gedächtnis der Stadt Eger insoweit verankert, dass wir den Abdruck seiner unverwischbaren Spuren offensichtlich bis heute spüren. Dem tragischen Ende des großen Feldherren ging jedoch ein Vorfall vor, der ein für allemal mit der Geschichte der Egerer Burg verbunden bleibt...
Am 24. Januar des Jahres 1634 unterzeichnete der Böhmenkönig und römische Kaiser Ferdinand II. ein Absetzungspatent, mit dem er den bislang unentbehrlichen Albrecht von Wallenstein vom Posten des obersten Befehlshabers des kaiserlichen Heeres absetzte. Allen Generälen, Offizieren sowie einfachen Soldaten wurde befohlen, dem soeben abgesetzten Generalissimus nicht mehr ergeben zu sein und ihm sowie seinen noch verbliebenen engeren Vertrauten, dem Feldmarschall Christian Ilow und Kavalleriegeneral und zugleich auch Wallensteins Schwager, Graf Adam Erdman Trčka von Leipa den Gehorsam zu verweigern. Das Absetzungspatent war mit einem Satz abgeschlossen, der für Wallenstein und eine Handvoll seiner letzten Getreuen einem Todesurteil glich. Diese Passage lautete: "Den Haupt des Komplotts und seine vornehmste Mitverschworene wenn irgend möglich gefangenzunehmen und nach Wien zu bringen oder aber sie als überführte Schuldige zu töten."
Unter dem Eindruck dieser verhängnisvollen Ereignisse blieb Wallenstein nichts anderes übrig als zu fliehen und zu versuchen sich von der kaiserlichen Autorität möglichst fern zu halten. Die Schlinge um ihn zog sich rasch zu. Er wählte den einzig möglichen Weg, über Pilsen/Plzeň weiter in den Westen, nach Eger, von wo er Kontakt mit den im Reichsgebiet operierenden Feinden der Habsburger Monarchie aufnehmen wollte. In Pilsen schnappte die Falle noch nicht zu, am 22. Februar 1634 verließ Wallenstein in großer Eile die Stadt. Zwei Tage später, zwischen vier und fünf Uhr nachmittags, erreichte Wallenstein in Begleitung von ungefähr zweieinhalb Tausend Männern und mit nur wenig Bagage die Pforten Egers.
In der Nacht zum 25. Februar beschlossen drei Männer des königlichen Inselreiches, John Gordon, Oberstleutnant Trčkas Fußsoldaten und zugleich Befehlshaber der Stadt Eger, Walter Leslie, ein weiterer Oberstleutnant desselben Regiments, und letztendlich der Dragonerleutnant Walter Buttler den flüchtigen und gebrochenen Verbannten und seine Getreuen physisch zu liquidieren.
Als erste sollten die letzten treu zu Wallenstein stehenden Offiziere Christian Ilow, Adam Erdman Trčka von Leipa, Trčkas Schwager Wilhelm Kinsky von Vchynitz und Rittmeister Niemann, Sekretär des Friedlander Herzogs, getötet werden. Hinter der Einladung zu dem von Oberstleutnant Gordon in seinem Haus auf der Egerer Burg gehaltenen Gastmahl sah keiner der Vorgenannten irgendein ominöses Warnzeichen. Nichts ahnend trafen alle vier am 25. Februar gegen sechs Uhr nachmittags am Tatort ein. An einem trüben und ungemütlichen Tag freuten sie sich auf ein ungestümes Fest. Und tatsächlich verlief am Angang alles ihren optimistischen Erwartungen entsprechend. Ein reich gedeckter Tisch mit obendrein in Strömen fließendem Bier und Wein schien ihrer Vorstellung von einem angenehm verbrachten Abend zu entsprechen. Alsbald konnten sich Wallensteins Vertraute von ihrem Irrtum überzeugen. Ohne dass die Gäste es geahnt hätten, hatten Buttlers Männer die ganze Burganlage fest in Griff, alle Notausgänge und Zufahrtsstraßen hielten sie besetzt. Zwischen sieben und acht Uhr befiehl Oberstleutnant Leslie heimlich die Fallbrücke hochzuziehen und das hintere Burgtor zu verriegeln. Kurz danach, wie ein Blitz vom heiteren Himmel, stürmte den Tafelsaal das erste Mordkommando, geführt von Geraldin, dem Oberstleutnant der Buttlerschen Dragoner, er zögerte keine Sekunde und rief den zuvor verabredeten Satz: "Wer ist gut Kaiserlich?" Gordon, Buttler und Leslie erhoben sich von der gedeckten Tafel und erwiderten: "Vivat Ferdinandus! Vivat Ferdinandus!", wobei durch die gegenüberliegende Tür der Rest der wartenden ungeduldigen Mörder an der Spitze mit Rittmeister Deveroux hereinstürmte, dieser ergänzte: "Und das ganze Haus Österreich". Gordon, Buttler und Leslie zogen blitzschnell ihre Degen und fielen zusammen mit den anderen über die unbewaffneten und völlig schockierten Gäste her. Wilhelm Kinsky brach, ohne überhaupt zu begreifen was los ist, getroffen von zahlreichen tödlichen Stichen auf dem Tisch zusammen. Christian Ilow kämpfte sich zu seinem Degen vor, den er zu Beginn des Festbanketts, so wie auch seine restlichen drei Kompagnons, an der hierfür bestimmten Wand ablegte. Besinnungslos haute und stach er um sich herum, verwundete Leslie leicht, unterlag jedoch kurz danach der Übermacht. Auch Trčka leistete hoffnungslose Gegenwehr, obwohl ihn ein Stich nach dem anderen traf, fiel er nicht zu Boden. War er wohl unsterblich? Nur schwer verbargen die Soldaten ihre Verwunderung. Ungläubig starten sie Trčka an. Dieser nutzte den Moment der Überraschung restlos aus. Aufgepeitscht durch die Angst um sein Leben schaffte er es sich mit leeren Händen aus dem Gemach herauszuschlagen, fast außer Atem floh er duch den Gang. Nur ein Paar Schritte trennten ihn von der Sicherheit. Stolpernd gelang er bis zum Eingangsportal. Die Wachen kamen ihm entgegen. "Losungswort", sagte sie. "Sankt Jakob", stieß der atemlose, blutende und zu Tode erschrockene Graf aus sich heraus. Irrtum! Wallensteins Losungswort galt nicht mehr. "Haus Österreichs", das war die richtige Antwort. Die Musketenkolben schlugen ihn zum groben Boden nieder. Der Wachmeister beugte sich neugierig über das betäubte Opfer. Und siehe da! Keine Zauberei oder höhere Gewalt. Ein starkes Koller aus echter Ellenshaut schob das Unvermeidliche hinaus. Der Soldat grinselte, hob die provisorische Rüstung hoch und versetzte ihm den fatalen Todesstich. Für kurze Zeit entkam auch der letzte Gast, Rittmeister Niemann, dem mörderischen Wüten. Er schaffte es noch sich schwer verwundet in die an das Tafelzimmer anstoßende Küche zu schleppen. Seine Verfolger waren aber hinter ihm her und kannten kein Erbarmen.
Ein Paar Minuten später beendete im Pachelbelhaus auf dem Egerer Marktplatz Rittmeister Deveroux mit einer groben Partisane und einem einzigen Todesstoß den dramatischen Lebensweg Albrechts von Wallenstein, des einst obersten Befehlshabers des Habsburger Heeres, Herzogs von Friedland, Mecklenburg, Sagan und Glogau.
Adresa hradu
Hrad Cheb
Dobrovského 21
350 02 Cheb
GPS: N 50° 4.85930', E 12° 21.97352'